Vorgeschichte
Im Oktober erwischte es uns auch. Zuerst dachten wir nur an Symptome nach der Grippe-Impfung: starke Gliederschmerzen, pochendes Kopfweh, raues Halskratzen, trockenen Reizhusten, der sich zu einem richtigen Husten auswuchs, eine Faust, die die Nieren drückt, Schmerzen der Lunge, grosse Schwäche, überraschende Schwindelanfälle während des Stehens.
Zum Glück hatten wir vor einiger Zeit noch mit lindernden Medikamenten für die Winterzeit sowie abwechslungsreichen Beutelsuppen und ähnlich leicht zuzubereitenden Mahlzeiten vorgesorgt. Für die Vitamine lagen frische Früchte bereit. Das war nötig, denn länger als zehn Minuten irgendwo zu stehen und sich auf etwas zu konzentrieren, war nicht möglich.
Jetzt war Isolation angesagt und das schnelle Informieren unserer Kontakte bis auf 14 Tage zurück. Doch alle waren gesund, niemand hatte uns anstecken können. Zum Glück haben offenbar auch wir selbst niemanden angesteckt.
Wir trauten uns in den vier und drei Wochen absoluter Isolation nicht einmal die Post herein zu holen oder den Kehricht zu entsorgen. Dank unserem System begann auf dem Balkon in dieser ganzen Zeit nichts unsere Nasen zu stören. Nein, nein, nur der Geschmack war irritiert, weil mit der verstopften Nase einfach nicht mehr alle Gewürz-Nuancen wahrzunehmen sind. Das Riechen ging einigermassen. Also kein längerer Verlust dieser Sinne.
Dass wir vor geraumer Zeit schon einen Roomba Saugroboter angeschlossen hatten, kam uns nun sehr zu pass. Auch für den Geschirrspüler waren wir nun so richtig dankbar, während diese Geräte uns all die Jahre vorher eher als Luxusgut erschienen, das wir geniessen, das aber nicht wirklich nötig ist. Jedenfalls blieb ohne zusätzliche Anstrengung zum zehnminütigen Kochen und anschliessenden Essen unsere Wohnung ansehnlich und patienten-gerecht sauber.
Nach dieser langen Zeit dürstete uns nach Ortswechsel und Sonne. Der Balkon erhält zwar täglich kurze Zeit Sonnenschein, aber nicht wirklich genug Wärme. So kam der Entscheid, dass wir jetzt, da wir nicht mehr ansteckend sind und selbst noch mindestens einige Monate Covid-geschützt sein sollen, den Sunlight zu holen und damit ins Tessin zu ziehen.
Erholung nach langer Isolation
Obwohl wir nicht reservieren konnten, weil der Platz voll besetzt war, fanden wir auf Anhieb einen tollen Platz, von dem die Autorin direkt ohne Bademantel zum einladenden See wandern konnte.
Ein Camper schaute beim Befüllen des Wassertanks mittels eines Kanisters zu. Sofort bot er seinen Schlauch an, mit dem alles viel schneller ging. Es stellte sich heraus, dass Roger und seine Frau Gabi zum ersten Mal seit drei Jahren wieder auf diesem Platz residieren. Damals probierten wir auf ihren Rat hin einen österreichischen Arena-Campingplatz aus, den wir auch sehr schön finden. Jedenfalls erneuerten wir nun freudig unsere Bekanntschaft.
Gleich danach, solange die wärmende Sonne noch unseren Platz heizte, genehmigten wir uns hier ein Fondue. Zum Glück, denn bald darauf erschien ein neuer Camper, welcher Anspruch auf unseren Platz erhob. Da die Autorin auch bei sogenannten Reservationen im Zug einen Beleg sehen will, bevor sie den Platz für Beanspruchende frei gibt, musste auch hier die Rezeption einschreiten. Tatsächlich, ihre Mitarbeitenden hatten bei unserem Einchecken am frühen Nachmittag einen Fehler gemacht, den sie sehr freundlich korrigierten, uns für eine Nacht einen Platz auf der Sommerwiese anboten und danach die Rückkehr auf diesen von uns bevorzugten Platz ermöglichten.
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Auch das Grillieren darf hier nicht fehlen.
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Beim Campen ist auch das "für sich Sein" sehr gut möglich. Man trifft sich sowieso nur draussen und hält hier einfach zusätzlich noch den nötigen Abstand, was den Sozialkontakten gar keinen Abbruch tut.
Wir merken beide enorm, wie es uns gut tut, an der Sonne zu sein, draussen zu essen; wenn es allzu kühl wird, von drin dem Sonnenuntergang und dem Aufsteigen der ersten Sterne zuzuschauen. An mehreren Abenden sahen wir weder Merkur noch Venus als Abendstern, sondern etwas oberhalb des Sichelmondes den Jupiter zusammen mit dem Pluto und noch höher den Saturn. Die frische Luft machte uns ebenfalls sehr müde, sodass wir extrem früh in die Koje fielen und zufrieden einschliefen.
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Die letzten Sonnenstrahlen tauchen den See in ein zauberhaftes Licht.
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Zusätzlich bietet die wunderbare Lage im Winter auch den Spaziergang entlang des Sees an. Vom Sportplatz bis zum letzten Campingplatz führt der Weg durch ein Naturschutzgebiet in Teneros ehemaligem Wasserweg, um Güter und Fischerboote zu transportieren. Um die Vögel zu fotografieren bräuchte es vermutlich Dauerbereitschaft, sanfteres Gehen, oder grössere Schnelligkeit. Doch immerhin bleiben die Bilder im Kopf von zwei Grünspechten, an mehreren Tagen überrascht, Buch- und Bergfinken, Eichelhähern, Rotkehlchen, einem einsamen Gänsesäger , der Anschluss an eine Entenschar sucht und einem schillernden Eisvogel. Natürlich nebst unseren Spätzchen, Blässhühnern, Schwänen und Stockenten, welche den See bevölkern.
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Der See dampft in die kühle Luft hinein.
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Rote Blätterfarbe dank Zucker-Überschuss.
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Den Morgenspaziergang hier zu geniessen, produziert auch noch genügend Wärme, um danach das erfrischende Bad im Lago Maggiore mit Freude zu nehmen. Bei 14° C ist es kein Problem, von 500 Zügen sich täglich zu steigern bis es 800 werden, was einem guten Kilometer entspricht. Nachdem jedoch am dritten Morgen die hoffnungsvolle Frage positiv beantwortet wurde, ob man als Publikum den Pool noch benutzen dürfe, kam nur noch einmal am Morgen der See zum Zuge, während der Nachmittag dem Pool gewidmet war. Er scheint noch geheizt zu sein, denn auch nach anderthalb Kilometern (60 Längen à 25 Meter) stellt sich kein Frieren ein. Solange es so schönes Wetter sei, würden sie den Pool zur Verfügung stellen. Das war zu anderen "Miralago-Zeiten" noch nie der Fall gewesen. Herrlich! Jetzt hiess es also zweimal täglich los zum erfrischenden, wohltuenden Schwimmen.
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Äusserst einladend!
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Einige Mitcampende liessen sich durch das karibische Blau verlocken, gaben aber je nach Person nach zwei bis drei Längen auf, weil das Wasser zu kalt sei. Nur ein Dauercamper, Rolf, liess es sich nicht nehmen, auch ziemlich viele Längen zu absolvieren.
Glücklich waren wir auch darüber, dass das Velofahren wieder möglich ist. Kein Schwindel, keine störenden Schwächeanfälle machten diesem traumhaften Ausflug nach Ascona oder der Fahrt zum Einkaufen einen Strich durch die Rechnung.
Tempo-Beschränkung
Auf dem Fuss- und Veloweg von Tenero nach Locarno war früher das Fahrtempo auf 5 kmh beschränkt. So wenig Tempo einzuhalten war fast nicht möglich, denn etwas grösser als diese Geschwindigkeit ist unser Marschtempo. Im September hatten die Gemeinden schon einiges geändert. Es gibt jetzt an mehreren Stellen, an welchen gegenseitig ausgewichen wurde, einen Holzzaun, der dies verhindert. Zudem ist die Fahrgeschwindigkeit auf 15 kmh begrenzt. Sogar mit ausgeschaltetem Unterstützungsmotor ist es schwierig, so langsam zu fahren. Aber es geht ganz ordentlich. Anfangs und Ende dieser Strecke werden nun mit Tafeln gekennzeichnet, welche die schnellen Fahrer auf einen Velostreifen, welcher der Strasse entlang führt, verweisen. Leider interessiert das noch lange nicht alle Renner. Dennoch wollen sie gar nicht die Sehenswürdigkeiten auf und neben dem Seeweg würdigen, sondern scheinen nur daran interessiert, etwas schneller, als beim letzten Mal ihr Ziel zu erreichen. Ist ja auch legitim, wenn sie nicht die Langsamen, Fussgänger, Rollstuhlfahrenden, Spielenden irritieren oder gar anpöbeln. Letzteres wurde tatsächlich schon völlig perplex wahrgenommen. Ein Rennvelofahrer auf der Langsam-Strecke, welcher eine Familie anschimpfte, weil sie seiner Ansicht nach zuviel Platz in Anspruch nahm.
Von Locarno bis Ascona kann man teils getrennt fahren und gehen. Auf dem Maggia-Damm macht man sich als Velofahrerin mit Räuspern oder Schaltgeräuschen bemerkbar, wenn eine Gruppe die ganze Breite besetzt.
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Auf der September-Foto ist die Autobrücke noch eingepackt.
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Heimfahrt
Auch an unsere erholsamen, entspannenden Tage im geliebten Tessin kam ein Ende. Die Nacht vor der Heimfahrt kündigte sich jenes mit Starkwind und Sturm an. Sogar ein kleiner Regenschauer zog über uns hinweg. Am folgenden Morgen lagen ziemlich viele Zweige, wenige Äste und beinahe alles Laub, das einen Tag zuvor schön auf Haufen gerecht worden war, wieder auf dem Boden verteilt. Ausser für den Spaziergang reichte es vor dem Abfahren noch für einen kurzen Schwumm von zwanzig Längen.
Schade, dass man schon um elf Uhr los muss, dachten wir und starteten mit innen bereits gut gereinigtem und von allem Wasser geleerten Sunlight T 67. Unsere Reise verlief gut. Der Wind blies noch stark die Leventina herunter, doch kein Schnee erwartete uns auf der Nordseite. In Rothenturm jagte der Fahrtwind sich gleich wieder auflösende leichte Schneeschauer auf unsere Scheiben. Nach der Aussenreinigung brachten wir das Ferienhäuschen wieder auf seinen Standplatz und zogen ihm die Winterjacke an, damit es von der nahen Eisenbahn keine Rostflecken einfängt.
Was für ein Glück, dass wir uns nicht verleiten liessen, noch auf den Nachmittag hin zu verlängern! Von 15.30 Uhr bis 20.20 Uhr war der Gotthard, wie wir in den Nachrichten hörten, wegen gravierender Lüftungsprobleme gesperrt, was lange Staus und, wo noch möglich, Umleitungen über den San Bernardino verursachte.